Zeitschrift-Artikel: Zehn Jahre „Forschungsstelle Deutscher Orden an der Universität Würzburg“ 2014–2024
Artikel aus der Zeitschrift „Deutscher Orden“ 1/2024:
Zehn Jahre „Forschungsstelle Deutscher Orden an der Universität Würzburg“ 2014–2024
Am 3. Juli 2014 wurde die „Forschungsstelle Deutscher Orden“ (zukünftig FDO) in Anwesenheit des damaligen Hochmeisters Bruno Platter und des Würzburger Diözesanbischofs Friedhelm Hofmann eingeweiht. Eine illustre Schar von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie der Universität war bei den Feierlichkeiten anwesend, vom Oberbürgermeister bis zum Landtagsabgeordneten. Unser Ehrenritter Senator e.h. Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Salch konnte den damaligen Universitätspräsidenten Prof. Dr. Alfred Forchel überzeugen, eine derartige Forschungsstelle eines Ordens direkt an einer Universität zu implementieren. Ohne diese Initiative, der mehrere weitere Versuche an anderen Orten erfolglos vorausgegangen waren, wäre es niemals zur Gründung der FDO in Würzburg gekommen! Glücklicherweise kam der Gründung zugute, dass die Universität kurz zuvor das weite Gelände der ehemaligen Leighton Barracks als Expansionsfläche erhalten hatte. In einem Trakt der vorehemaligen Elementary School konnte so von der Universitätsleitung ein Bereich für die geisteswissenschaftliche Forschung reserviert werden: das Universitätsarchiv, das Institut für Hochschulkunde und die neue Forschungsstelle teilen sich seitdem problemlos die dortigen Räumlichkeiten.
Damit hat der Deutsche Orden eine nahezu einmalige Chance, die Aufarbeitung seiner Geschichte in direkter Verbindung mit einer in Europa weit anerkannten Universität gestalten zu können. Wissenschaftliche Kontakte sind leicht zu knüpfen, ein universitär-administrativer Rückhalt ist gegeben, dafür ist der Julius-Maximilians-Universität sehr zu danken. Zugleich werden seit der Gründung praktisch jedes Semester Veranstaltungen zur Ordensgeschichte angeboten, zahlreiche Exkursionen von Apulien bis Kaliningrad ermöglichen Studierenden einen faszinierenden Blick auf die baulichen Überreste des Ordens zu gewinnen. Im klassischen Sinne verbinden sich Forschung und Lehre. Beide tragen zu einem neuen Blick auf den Deutschen Orden nicht nur bei den Forschenden, sondern auch bei den Studierenden bei.
Die aktuellen Arbeiten an der Forschungsstelle konnten bereits von Benedikt Weigand in der vorliegenden Zeitschrift 3-2023 vorgestellt werden. Doch soll hier die Gelegenheit genutzt werden, auf das anstehende 10-jährige Jubiläum im Jahr 2024 näher einzugehen.
Die FDO widmet sich der Ordensgeschichte als Bestandteil einer vergleichenden europäischen Regionalgeschichte mit vielfältigen politischen, religiösen und kulturellen Bezügen. Sie bemüht sich um Forschung bzw. deren Koordination für alle Balleien und Kommenden in ihrer Geschichte, von 1190 bis zur Gegenwart. Zugleich versucht sie neue Forschungsimpulse innerhalb der Ordensgeschichte anzustoßen. So soll neben der traditionell starken Mittelalterforschung innerhalb des Ordens zukünftig ein Impuls auf jene der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart hinein gegeben werden. Dabei sucht sie die Zusammenarbeit mit den Ordines Militares in Toruń, der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung sowie der Internationalen Historischen Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens, um nur einige Kooperationspartner zu nennen. Fraglos stehen die bedeutsamen Archive in Berlin, Ludwigsburg und das Deutschordenszentralarchiv in Wien – neben anderen – im Mittelpunkt des Interesses. Die Verbindungen zur Ballei Utrecht (De Ridderlijke Duitsche Orde Balije van Utrecht) werden schrittweise verstärkt und sollen in eine für beide Seiten, fruchtbare, länger andauernde Zusammenarbeit münden.
Dazu ist eine Reihe von Tagungen in den Jahren 2024 und 2025 geplant: den Auftakt macht die Tagung der FDO zur Geschichte des Ordens im Bauernkrieg im Juli 2024. Es folgt eine Tagung in Krakau im April 2025, die den Übergang des Deutschordensterritoriums in Preußen zu einem laisierten Herzogtum Preußen als Lehen der polnischen Krone thematisiert. Im September 2025 folgt dann eine dritte Tagung in Wien, welche die Veränderungen bzw. Metamorphosen des Deutschen Ordens in der Neuzeit – in einer vergleichenden Perspektive mit anderen Ritterorden – zum Thema hat. Die Tagungen 2025 werden in freundschaftlicher Zusammenarbeit mit den bereits genannten Partnern organisiert.
Zur Stärke der neuzeitlichen Forschung erhält die FDO ein Doktorandenstipendium – gemeinsam getragen von der Staatlichen Schlösser und Gärtenverwaltung Baden-Württembergs, der Stadt Bad Mergentheim und von Prof. Salch persönlich. Es soll die „Herrschaft in Portraits“ anhand der Hoch- und Deutschmeister bzw. der Landkomture im 18. Jahrhundert näher analysiert werden. Die Bildnisse von Deutschordenspriestern werden ebenfalls näher thematisiert.
Die Jubiläumsveranstaltung zum 10jährigen Bestehen der FDO wird am 11. Juli 2024 sein: Nach Grußworten vom Präsidenten der Universität, dem Hochmeister und dem Bischof von Würzburg wird der Ehrenritter Prof. Salch sprechen. Anschließend ist ein Festvortrag von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Udo Arnold geplant, ehe es dann zum gemütlichen Teil übergeht. Die Vorträge zum Bauernkrieg finden am 11. und 12. Juli 2024 an der Forschungsstelle statt.
Die Vorträge reflektieren das Thema „Deutscher Orden und Bauernkrieg“ in Tirol, Thüringen, Oberschwaben und Franken, aber auch in Preußen und Masowien. Ein komparatistischer Zug kommt mit dem Thema „Bauernkrieg und Johanniter“, gehalten von Prof. Dr. Jürgen Sarnowsky, in das Tagungsprogramm. Ein Panel von ,jungen‘ Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu neuen Deutschordensforschungen schließt die Veranstaltung ab.
Die FDO ist, abgesehen von deren Räumlichkeiten, welche die Universität Würzburg kostenlos zur Verfügung stellt, rein über Drittmittel finanziert. Den Löwenanteil haben zum einen der unermüdliche Mäzen Prof. Salch, zum Anderen der Deutschherrenbund (Familiarenballei des Deutschen Ordens in der Ballei Deutschland) mit seinen jährlichen Zuweisungen bereitgestellt. Beiden sei recht herzlich dafür gedankt! Des Weiteren konnte die Forschungsstelle in den letzten Jahren Drittmittel bei der „Bayerischen Forschungsstiftung“ wie auch beim „Haus des Deutschen Ostens in München“ einwerben. Schließlich liegen Zusagen vom Hochmeisteramt sowie von der Brüderprovinz Südtirol für Zuwendungen in den nächsten Jahren vor wie auch von „De Ridderlijke Duitsche Orde Balije van Utrecht“. Ohne eine derartige Unterstützung würde die FDO nicht die ihr gestellten Aufgaben erfüllen können. Selbstverständlich können die Verantwortlichen im kirchlichen Orden wie in den Balleien bzw. Komtureien die sozialen Verpflichtungen des Ordens nicht vernachlässigen: „Helfen und Heilen“ stehen im Mittelpunkt der Ordensaktivitäten, dies kann aber nur geschehen, wenn sich der Deutsche Orden seiner historischen Identität bewusst ist und sich beständig mit dieser auseinandersetzt. Von daher schließen sich die Förderungen der sozialen Aufgaben wie der historischen Forschung nicht aus, sondern bedingen einander uneingeschränkt.
Text: Helmut Flachenecker
Bild: FDO