Die Waldmeister im Deutschen Orden

Im Deutschen Orden entwickelte sich im Mittelalter eine sehr ausdifferenzierte Ämterstruktur, um den weit gestreuten Besitz zwischen Mittelmeer und Baltikum zu verwalten und zusammenzuhalten. In Preußen stand der Hochmeister an der Spitze und regierte mit den sogenannten Großgebietigern und Komturen über den Deutschordensstaat. Doch auch unterhalb der Komture gab es zahlreiche kleinere Ämter, die oft weniger bekannt sind, aber dennoch einen interessanten Einblick in die Verwaltungsstruktur und Alltagsgeschichte des Ordens geben.
Im militärischen Bereich gab es einen Pferdemarschall, Stallmeister und Büchsenmeister. Ziegel-, Stein-, Zimmer- und Baumeister beaufsichtigten das Handwerk. Für die tägliche Versorgung waren Küchen-, Back-, Keller- und Braumeister zuständig, nicht zuletzt auch Wald-, Fisch- und Mühlmeister. Die meisten Aufgabenbereiche gehen aus den Namen hervor, doch was machte nun ein Waldmeister?
Mit der Pflanze oder dem häufig giftgrün gefärbten Getränk, an das wohl viele bei diesem Wort denken werden, hat der Waldmeister im Deutschen Orden freilich nichts zu tun. Während im Spätmittelalter die Wälder auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik eine geringere Fläche als heute einnahmen, gab es in Preußen noch riesige zusammenhängende Wälder. Die Nutzung des Waldes hatte im mittelalterlichen Alltag eine enorme Bedeutung: Man brauchte den Rohstoff Holz vor allem zum Kochen, Heizen, als Baumaterial und als Exportgut. Aber auch die Rodung, das heißt die Nutzbarmachung für land- und viehwirtschaftliche Zwecke, war für den Landesausbau unabdingbar. Es ist also kaum verwunderlich, dass das Amtssiegel des Waldmeisters von Bönhof, der zum Hochmeistersitz in Marienburg gehörte, für die breite Bevölkerung, die bekanntlich selten lesen und schreiben konnte, ein redendes Siegel zeigte: einen Tannenzapfen.

Das Bild zeigt den Abdruck eines rot-bräunlichen Siegels, bei dem es sich um das Amtssiegel des Waldmeisters von Bönhof handelt. Auf dem Siegel ist ein Tannenzapfen abgebildet.

Umschrift: S(IGILLUM)WALTMEIST(ER):Z(UM):BEMHOVE
Bild & Text: B. Weigand